Quelle: https://escapetoreality.org/2016/10/21/did-god-kill-the-jews-in-ad70/
Seit 2.000 Jahren lehren prominente christliche Theologen wie Johannes Chrysostomos, Johannes Calvin, Mattheit Henry, John Grill, Adam Clarke, Albert Barnes und andere, dass die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n. Chr. Gottes Werk war.
Eine unglückliche Frucht dieser schlechten Lehre ist eine lange Tradition von Massakern an Juden, die von Menschen initiiert wurden, die glaubten, sie würden das Werk des Herrn tun oder zumindest in seine rachsüchtigen Fußstapfen treten.
Es ist eine schlechte Frucht aus einer schlechten Wurzel. Aber warum glauben so viele, dass Gott in das Abschlachten der Juden in Jerusalem verwickelt war? Wegen diesem Kerl:
Der lange Schatten des Josephus
Jeder Bibelgelehrte hat Josephus Bericht über Jerusalems Zerstörung gelesen, weil es der einzige Bericht ist. Woher wissen wir, dass eine Million Juden gestorben sind oder dass die Römer einen Wall gebaut haben? Weil Josephus es uns sagt. Es ist seine Version der Ereignisse, die im Laufe der Geschichte weitergegeben wurde, und laut Josephus war die Zerstörung Jerusalems Gottes Werk.
Freilich hatte hier Gott das ganze Volk verurteilt, und er ließ ihm jedes Rettungsmittel zum Verderben ausschlagen.
Flavius Josephus, Geschichte des Jüdischen Krieges, 5. Buch, 13. Kapitel, 5. Abschnitt;
© 1977, 1978 Abi Melzer Production, Dreieich
Warum zeigte Josephus mit dem Finger auf Gott? Weil er Jude war. Als Hebräer und Priester war Josephus mit der jüdischen Geschichte bestens vertraut. Er kannte all die alten Geschichten, wie Gott die Assyrer und Babylonier benutzte, um Jerusalem zu belagern und die Juden für ihre Sünden zu bestrafen. Für seinen jüdischen Verstand waren die Römer nur ein weiteres Werkzeug in den Händen eines zornigen Gottes.
Josephus wusste nicht, was Jesus am Kreuz vollbracht hatte, und betrachtete Gott durch eine Brille des »Alten Bundes«. Wenn die Juden abgeschlachtet wurden, dann deshalb, weil Gott zornig auf sie war. Aber warum? Josephus hatte keine andere Antwort als vage Anspielungen auf Bosheit, ungesühnten Tod und allgemeine Gottlosigkeit.
Hier kommen die Christen ins Spiel.
Ich frage die Juden, woher kam ein so schmerzlicher Zorn vom Himmel über sie, der noch schrecklicher war als alles, was zuvor über sie gekommen war? Offensichtlich lag es an dem erbitterten Verbrechen und der Verleugnung des Kreuzes.
Laut Johannes Chrysostomos, dem Erzbischof von Konstantinopel, dessen Worte dies sind, war Gott wütend auf die Juden, weil sie seinen Sohn getötet hatten. Ist es nicht das, was Petrus am Pfingsttag gesagt hat (Apostelgeschichte 2,36)? Und hat Paulus das nicht auch gesagt?
Diese {die Juden} haben Jesus, den Herrn, und die Propheten getötet;
1. Thessalonicher 2,15; Einheitsübersetzung, 2016
Verbinde die Punkte und es ergibt absolut Sinn: Töte den Sohn und du reizt den Vater zum Zorn. Das war die Richtung, die Eusebius im dritten Jahrhundert, Chrysostomos im vierten Jahrhundert und die vielen, die ihrem Beispiel folgten, einschlugen. Aber obwohl die Lehre von Christen kam, war ihre Wurzel unbestreitbar jüdisch. Der rachsüchtige Gott war mehr Josephus als Jesus.
Jesus helleres Licht
Jesus sagte: „Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen“ (Johannes 14,9). Josephus hat den Sohn nie gesehen, also hat er auch nie den Vater gesehen. Er wusste nicht, dass Gott alle Sünden am Kreuz bestraft hatte, also kam er zu dem Schluss, dass Gott die Sünde in Jerusalem bestrafte. Es war die falsche Schlussfolgerung, aber eine, die für einen Priester, der mit dem Alten Bund aufgewachsen war, Sinn machte.
Jesus war Jude und liebte seine Landsleute. So taten es auch die Apostel. Sie interessierten sich nicht für die Religion der Juden, aber sie kümmerten sich um die Juden.
„Brüder und Väter“, so sprach Paulus die Juden an (Apostelgeschichte 22,1). Sie waren keine Sünder, sondern Verwandte. Obwohl Paulus sagte, dass die Juden Jesus und die Propheten töteten, kannte er keine Rachsucht. Sein Herz schlug für Versöhnung, nicht für Vergeltung. Seine Landsleute waren fehlgeleitet, weil sie die Gnade verachteten, aber anstatt sie zu verurteilen, wollte er mit ihnen tauschen.
Ich bin voll Trauer, unablässig leidet mein Herz. Ja, ich wünschte selbst verflucht zu sein, von Christus getrennt, um meiner Brüder willen, die der Abstammung nach mit mir verbunden sind. Sie sind Israeliten; ihnen gehören die Sohnschaft, die Herrlichkeit und die Bundesschlüsse; ihnen ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und die Verheißungen;
Römer 9,2-4; Einheitsübersetzung, 2016
Josephus verließ seine Sippschaft und schloss sich dem Feind an. Im Gegensatz dazu wünschte sich Paulus, dass er verflucht werden könnte, damit die Juden gerettet werden könnten. Josephus hatte eine rassistische Theologie, die die Juden als einzigartig würdig ansah, göttlich bestraft zu werden, während Paulus eine auf Gnade basierende Theologie hatte, die die Juden in einem verzweifelten Bedürfnis nach Erlösung sah.
Brüder und Väter
Wenn man die Briefe des Neuen Testaments liest, spürt man eine Verwandtschaft zwischen Christen und Juden. Das änderte sich jedoch nach dem Jahr 70 n. Chr. Die Christen flohen, während die Juden blieben, und von da an wurde die Distanz zwischen ihnen immer größer.
Diese Distanzierung setzt sich auch heute noch fort in der Art und Weise, wie manche Christen über Jerusalems Fall sprechen.
„Die Juden wussten, was auf sie zukommt.“
Nur, das stimmt nicht. Es ist wahr, dass es einige gab, die bei Jesus Verhör riefen: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ (Matthäus 27,25). Aber nur weil sie es gesagt haben, heißt ja nicht, dass Gott es getan hat. Es ist unvorstellbar, dass derjenige, der auf dem Thron der Gnade sitzt, die Nachkommen Abrahams auf diese Weise bestraft.
Jesus sagte von seinem Leben: „Niemand nimmt es mir, sondern ich gebe es freiwillig her.“ (Johannes 10,18) Wenn dem so ist, können die Juden nicht des Mordes angeklagt werden. Selbst wenn sie den Urheber des Lebens töteten, wurde ihre Sünde von Jesus getragen.
Jede Anklage gegen die Juden prallt am Kreuz ab. Wenn Gott alle Sünden am Kreuz vernichtet hat, wäre er ungerecht, wenn er vierzig Jahre später die Juden verurteilen würde. Er würde nicht nur die falsche Generation bestrafen, sondern auch seinen eigenen Sohn beleidigen.
Gnade ist größer als dein Schlimmstes
Mir ist klar, dass ich gegen 2.000 Jahre Mainstream-Lehre verstoße, ganz zu schweigen von einer Handvoll schlecht übersetzter Bibeln, aber ich bin mir hundertprozentig sicher. Das Bild eines rachsüchtigen, Juden tötenden Gottes ist mit Jesus Evangelium völlig unvereinbar. Es ist, als würde man sagen:
- – Das Lamm Gottes trug die Sünde der Welt (Johannes 1,29), außer für die Juden
- – Jesus ist die Sühne für die Sünden der Welt (1. Johannes 2,2), außer für die Juden
- – Die Strafe, die uns Frieden brachte, lag auf ihm (Jesaja 53,5), außer für die Juden
- – Gott verurteilte alle Sünde am Kreuz (Römer 8,3), außer für die Juden
- – Gott führt keine Aufzeichnungen über die Sünde (Römer 8,3), außer für die Juden
- – Der Heilige Geist vergibt alle Sünden (Hebräer 10,17), außer die der Juden
- – Liebt eure Feinde (Matthäus 5,44), außer die Juden.
„Vater, vergib ihnen“ (Lukas 23,34). Gott hat die Juden nicht bestraft und er hatte auch nie die Absicht, dies zu tun. Warum also bat Jesus sie um Vergebung? Er hat es für uns getan. Jesus wollte, dass wir wissen, dass Gott seine Feinde liebt und selbst den Schlimmsten von uns vergibt.
Schau dir diese Worte noch einmal an. „Vater, vergib ihnen.“ Jesus spricht nicht von verwaisten Flüchtlingskindern; er spricht von selbstgerechten Moralaposteln, die in Gottes Namen morden. Er spricht von Männern, die Stephanus Kopf mit Steinen zerschmetterten und Jesus Halbbruder Jakobus von der Spitze des Tempels stoßen.
Vater, vergib ihnen.
Siehst du es nicht? Wenn Gott ihnen vergeben kann, kann er dir ganz sicher vergeben. Was auch immer du getan hast, Gottes Gnade ist größer.
Das ist der Grund, warum Jesus es gesagt hat. Das ist es, was der Sohn Gottes euch wissen lassen möchte.