Die Welt ist sicher ein seltsamer Ort. Gerade wenn man meint, alles gesehen zu haben, bekommt man von etwas Neuem einen Schlag vor den Kopf. Als ich aufwuchs, war die theologische Frage Nummer eins diese: »Einmal gerettet, immer gerettet?« Menschen, die diese Frage stellten, wollten wissen, ob es für einen Christen möglich ist, sein Heil zu verlieren.
Wenn sich Ochsenfrösche und Schmetterlinge wieder in Kaulquappen und Raupen verwandeln können, dann vermute ich, dass auch das möglich ist.
Aber jetzt stellt sich eine ganz neue Frage: Sind alle gerettet? Viele sagen ja: »Jesus ist der Retter der Welt. Deshalb sind alle bereits gerettet, sie wissen es nur bis jetzt nicht.«
Bevor du dies nun als universalistische Irrlehre abtust, möchte ich hinzufügen, dass diejenigen, die diese Art der historischen Versöhnung predigen, nicht glauben, dass jeder in den Himmel kommt. Es ist nur so, dass jeder dabei ist, bis der Unglaube ihn hinauswirft.
Da dies heute eine beliebte Lehre ist, wäre es meiner Meinung nach gut, wenn wir einen genaueren Blick darauf werfen. Beginnen wir mit einer oft gehörten Aussage: »Allen ist vergeben, alle sind versöhnt und gerettet.«
Auf diese drei Punkte antworte ich:
(1) Es ist wahr (uns ist vergeben).
(2) Es ist irgendwie wahr (Gott hat die Welt mit sich versöhnt, aber du musst noch versöhnt werden).
(3) Es ist nicht wahr (nicht alle sind gerettet).
Vor dem Kreuz war Gottes Vergebung von deiner religiösen Leistung abhängig (deiner Reue, deinem Bekenntnis und deiner Bereitschaft, anderen zu vergeben). Aber jetzt bist du freigekauft, versöhnt, rein gemacht und durch das Blut des Lammes Gott nahegebracht.
Der Grund, warum Vergebung eine erledigte Sache ist und die Errettung nicht, liegt darin, dass Vergebung ein Spiel ist, für das nur ein Spieler nötig ist.
Gott braucht deine Erlaubnis nicht, um dir zu vergeben. In unserem kümmerlichen menschlichen Verstand fällt es uns schwer, dies zu begreifen, weil wir von Natur aus keine »Vergeber« sind. Wir führen Aufzeichnungen über das Unrecht, das uns angetan wurde, die wir lange aufbewahren.
Aber Gott ist nicht wie wir. Er liebt uns mit bedingungsloser Liebe. Er vergibt uns ohne Rücksicht auf unser Verhalten und in Übereinstimmung mit dem Reichtum seiner Gnade (Epheser 1,7). Agape-Liebe zeichnet kein Unrecht auf, darum kann Gott sich dafür entscheiden, sich nicht mehr an unsere Sünden zu erinnern.
Das sind wunderbare Neuigkeiten! Wenn du seine Vergebung kennst, bist du befähigt, dir selbst und anderen zu vergeben.
Ja, wir müssen immer noch seine Vergebung annehmen, genauso wie wir seine Gnade annehmen müssen. Wenn du nicht glaubst, dass dir vergeben wurde, wirst du dich wie ein Sünder verhalten, dem nicht vergeben wurde. Aber wir müssen Gott nicht bitten, das zu tun, was er bereits getan hat. Vergebung, zusammen mit allen Vorteilen der Errettung, kommen zu uns durch Jesus.
Ich habe mehr über Vergebung geschrieben als über jeden anderen Aspekt von Gottes Gnade. Wenn du also noch mehr davon überzeugt werden musst, dass dir ewig vergeben wurde, fange mit diesem Beitrag an.
Versöhnung ist im Gegensatz zur Vergebung ein Spiel für zwei Spieler. Beide Seiten müssen mitspielen.
Stell dir einen Ehemann vor, der sich nach einem Streit mit seiner Frau versöhnen möchte. Er liebt sie mit einer bedingungslosen Liebe, die keine Fehler aufzeichnet. Für ihn gibt es keine Verletzung oder Beleidigung, die nicht vergeben und vergessen wurde. So ist er mit seiner Liebe an den Tisch der Versöhnung gekommen und hat erklärt, dass von seiner Seite aus alles in Ordnung sei.
Würdest du sagen, dass sie sich versöhnt haben? Nun, das hängt von der Frau ab. Solange sie sich nicht für eine Versöhnung entscheidet, gibt es keine Versöhnung.
Stellen wir uns jetzt vor, dass die Frau durch eine unglückliche Kindheit so geschädigt wurde, dass sie ihre Zerbrochenheit unfair auf ihren Mann projiziert. Obwohl er ein perfekter Ehemann und über jeden Zweifel erhaben ist, ist er in ihren Augen ein wütender und gewalttätiger Mann.
So verhält sich die gefallene Menschheit zu unserem liebenden Vater im Himmel. Obwohl Gott stets gut zu uns war, denken wir in unserem gefallenen Zustand das Schlimmste von ihm. Wir stellen uns vor, dass er wütend und gewalttätig ist.
Sind wir versöhnt, solange Gottes angeblicher Zorn uns von Gottes Leben und der Liebe trennt? Natürlich nicht. Wenn der Mann in unserer Geschichte anderen erzählen würde, dass er und seine Frau sich versöhnt hätten – auch wenn sie weiterhin mit einem anderen Mann zusammenlebte –, würden sie ihn für verrückt halten. Doch genau das ist die Botschaft, die viele predigen.
Ist die Welt mit Gott versöhnt? Paulus’ Antwort war »Jein«. Aus Gottes Sicht ist die Versöhnung ein historisches Ereignis.
Gott ist mit offenen Armen zu uns gekommen. Er hält uns nichts vor – nicht unsere Sünden, nicht unsere Vergangenheit, nichts. »Als wir noch Sünder waren, starb Jesus für uns« (Römer 5,8). Ehre sei Gott!
Wie dem auch sei, tatsächlich kommt es zu keiner Versöhnung, solange wir uns nicht auf sein Angebot einlassen. Daher Paulus’ Aufruf:
Gott liebt die Welt so sehr, dass er für uns gekommen und gestorben ist. Sein Herz sehnt sich nach den Verlorenen und Zerbrochenen. Er will keine Versöhnung, die nur ein geschichtliches Ereignis (für die Juden) war, und die nicht heute das Leben verändert. Er verlangt nach seinen Kindern!
Diejenigen, die Versöhnung als geschichtliches Ereignis predigen, argumentieren, dass die Entfremdung des gefallenen Menschen von Gott auf einer Lüge beruht. Die Angst des Menschen vor Gott ist unnötig – dem stimme ich zu. Gott ist nicht böse auf uns. Er liebt uns wirklich. Und es ist sicherlich nicht falsch, zu predigen, dass Gott uns durch Jesus mit sich selbst versöhnt hat, denn genau das hat Paulus gepredigt.
Aber mit gleicher Leidenschaft müssen wir auch die andere Seite predigen, wie es Paulus auch tat: Wir bitten euch: Lasst euch mit Gott versöhnen.
Ich habe die Behauptung gehört, dass die ganze Welt gerettet sei, als ob diese Darstellung die Nichtgeretteten irgendwie dazu bringen würde, zur Besinnung zu kommen und sich wie gerettet zu verhalten. Bisher habe ich das noch nicht erlebt.
Der Vater liebte den verlorenen Sohn zu jeder Zeit in der Geschichte, aber er jagte seinen Sohn nicht in die Stadt und sagte ihm: „Du gehörst mir! Komm nach Hause.“ Hätte er es getan, wären seine Worte auf taube Ohren gestoßen. Nun, der Sohn war die ganze Geschichte über der Sohn, aber getrennt von seinem Vater war er vielmehr ein verlorener Sohn. Er war so lange nicht »gerettet«, bis er umkehrte und sich in der Umarmung seines Vaters wiederfand.
Ist also die ganze Welt gerettet oder ist sie es nicht? Nun, wenn die Antwort »ja« wäre, würden viele Schriftstellen Fragen aufwerfen. Ein paar Beispiele:
Nach meiner Zählung gibt es mehr als zwei Dutzend Schriftstellen, die Menschen ausdrücklich dazu aufrufen, sich retten zu lassen, und buchstäblich Hunderte weitere, die sie dazu ermahnen, umzukehren, zu glauben, zu empfangen, Glauben zu haben, auf Gott zu vertrauen usw.
Soweit ich das beurteilen kann, gibt es in der Bibel keinen einzigen Vers, der mit Bestimmtheit besagt, dass die gesamte Menschheit am Kreuz gerettet wurde. Ganz sicher hat Jesus für unsere Errettung gesorgt – sein Werk ist vollendet. Mit Sicherheit ist es der Wille des Vaters, dass alle gerettet werden sollten und niemand verloren geht.
Aber sein Wille ist nicht der einzige in der Gleichung. Es braucht zwei Menschen, um eine Beziehung aufzubauen, und deshalb sagen die Autoren des Neuen Testaments immer wieder, dass nicht alle gerettet sind. Ich habe keine Zeit, hier näher darauf einzugehen, aber wenn du Interesse hast oder dich über eine bestimmte Bibelstelle wunderst, empfehle ich dir, dir meine leicht verständlichen Studiennotizen (in Englisch) anzusehen.
Ist es wirklich wichtig, wenn wir Ungläubigen sagen, dass sie vor 2000 Jahren versöhnt und gerettet wurden? Das ist es auf jeden Fall! Ich habe diejenigen, die Versöhnung als rein geschichtliches Ereignis predigen, sagen hören: „Jesus hat eine Beziehung zu uns allen aufgebaut.“
Das stimmt einfach nicht. Obwohl er es sicherlich wünscht, hat Jesus keine Beziehung zu denen, von denen gesagt werden kann:
Das Licht der Menschen ist in die Welt gekommen, aber manche Menschen bevorzugen die Dunkelheit.
Wenn Jesus eine Beziehung zu jedem hätte, warum sollte Paulus uns dann auffordern, die Botschaft der Versöhnung zu predigen? Warum sollte Johannes verkünden:
Was für einen Ehemann würden wir porträtieren, wenn wir Sündern erzählen, dass Jesus sie ohne ihr Wissen oder ihre Erlaubnis geheiratet hat?
Sage einem Sünder, dass er gerettet ist und bereits eine Beziehung zu Jesus hat, und er wird dich sehr schräg anschauen. Was sie betrifft, ist Jesus kein Teil ihres Lebens. Also sage ihnen nicht, dass Er es sei.
Erzähle ihnen stattdessen, dass der Liebhaber ihrer Seele mit einem großen Blumenstrauß vor ihrer Tür steht, anklopft und darauf wartet, hereingebeten zu werden. Vielleicht zögern sie, weil sie glauben, dass Gott wütend auf sie ist oder möchte, dass sie ihr Leben in Ordnung bringen, bevor sie nach Hause kommen, aber das stimmt nicht!
Ihr himmlischer Vater sehnt sich mit bedingungsloser Liebe und ewiger Vergebung in seinem Herzen nach ihnen. Er hat uns seine Liebe bereits durch das Kreuz und unzählige andere Wege gezeigt. Jetzt wartet er ab, wie wir darauf reagieren werden.
Werden wir im Schweinestall bleiben? Werden wir zu ihm gehen, weil wir einen Job suchen? Oder werden wir unser Leben verlieren, nur um unser wahres Selbst in seiner wunderbaren Umarmung zu finden?
