Hier ist eine Frage, die ich Jehovas Zeugen stelle, die an meine Tür klopfen: „Wenn ihr glaubt, dass nur 144.000 Menschen in den Himmel kommen, warum verringert ihr dann eure eigenen Chancen auf den Himmel, indem ihr versucht, mich zu retten?“
Wie sich herausstellt, haben Jehovas Zeugen eine Antwort auf diese Frage: einen zweistufigen Erlösungsplan. Die Elite, die »Auserwählten«, schaffen es bis in den Himmel, während der Rest von uns für alle Ewigkeit auf der Erde bleibt.
Jesus und die Apostel sprachen von den »Auserwählten«, und seit 2000 Jahren fragen sich die Menschen: »Wer sind die Auserwählten?«
Es ist nicht meine Absicht, Jehovas Zeugen zu kritisieren, sondern ich möchte verdeutlichen, dass verschiedene Gruppen ein unterschiedliches Verständnis des Begriffs »Auserwählte« haben. Jehovas Zeugen sagen, die Auserwählten seien die 144.000 gesalbten Gläubigen, während Calvinisten sagen, die Auserwählten seien diejenigen, die von Gott souverän erwählt wurden. Johannes Calvin schreibt …
Mit anderen Worten: Gott erwählt einige, die gerettet werden, und diese wenigen Glücklichen werden die »Auserwählten« genannt. Ich nehme an, Calvin dachte, er gehöre zu den Auserwählten, aber was ist mit dem Rest von uns?
Das im griechischen Grundtext benutzte Wort eklektos, das hier und an vielen anderen Stellen mit »auserwählt« übersetzt wird, bezeichnet den oder das, worauf eine Wahl gefallen ist. 2 Tatsächlich wird das Wort in der Bibel so übersetzt:
Der Vers in Römer 8 kann so gelesen werden: »Wer wagt es, die von Gott Auserwählten anzuklagen?«
Petrus schreibt einen Brief
Wer sind die »von Gott Erwählten«? Wählt Gott einige aus und verwirft den Rest, wie die Calvinisten behaupten? Wählt er nur einen winzigen Teil der Menschheit aus, wie Jehovas Zeugen behaupten?
Heilige, Heiliger, ich habe eine gute Nachricht für dich. Du wurdest von Gott auserwählt.
Wenn du dem Ruf des Evangeliums gefolgt bist, wurdest du auserwählt.
Aber Achtung: Dass Gott dich erwählt hat, bedeutet nicht, dass er deinen Nächsten, deinen Arbeitskollegen oder irgendjemanden verstoßen hat. Gottes Reich ist keine Eliteuniversität mit einer Zugangsbeschränkung.
Gottes Ruf zur Erlösung ergeht bis an die Enden der Erde – niemand ist ausgeschlossen. Du kannst sicher sein, dass der Herr alle annimmt, die zu ihm kommen.
Beides! Gewissermaßen wählen sich die »Auserwählten« selbst aus, indem sie im Glauben auf den Ruf des Evangeliums antworten. Da aber der Herr den Ruf ausspricht, ist es zutreffend zu sagen, dass wir Gottes Auserwählte sind.
Und was ist mit diesem Vers?
Vorherbestimmung heißt nicht, dass Gott einige auswählt und andere ablehnt. Es bedeutet, dass Gott einen Plan hatte.
Das griechische Wort für »vorherbestimmen« (prohorizo) ist zusammengesetzt aus »pro« – vor, vorher – und »horizo« – bestimmen, einsetzen. Im Neuen Testament kommt das Wort sechsmal vor, zwar ausschließlich, um Gottes Ratschlüsse zu bezeichnen. Gottes »Vorherbestimmen« ist ein auf die Gemeinschaft mit ihm zielendes Handeln am Menschen.
Der Gott, der das Ende vom Anfang an sieht, wusste, wer auf das Evangelium reagieren würde. Noch vor Anbeginn der Zeit schrieb er ihre Namen ins Buch des Lebens (Offenbarung 17,8).
Manche behaupten, wir könnten uns nicht in Richtung Errettung bewegen. »Da wir in Sünde tot sind, können wir nichts tun. Es ist allein Gottes Werk.« Die Errettung ist tatsächlich allein Gottes Werk, doch es liegt dennoch an uns, umzudenken und die gute Nachricht anzunehmen (Markus 1,15).
Wir sind alle durch Gnade qualifiziert. Ausgeschlossen sind nur diejenigen, die sich selbst ausschließen, indem sie die Gnade Gottes ablehnen.
Früher warst du ohne Gott in dieser Welt (Epheser 2,12), doch in dem Moment, als du dein Vertrauen auf den Herrn gesetzt hast, bist du vom Tod zum neuen Leben übergegangen (Johannes 5,24). Du wurdest eine neue Schöpfung, Teil der »Auserwählten« und des von Gott erwählten Volkes.
Im Neuen Testament werden Glaubende als »die Berufenen Jesu Christi«, »die Auserwählten« und »die Erwählten« bezeichnet. Das sind alles verschiedene Bezeichnungen für Gottes Familie. Sie beziehen sich nicht auf religiöse Spitzenleister oder Christen der Eliteklasse.
Wir sind alle eins in Christus.
- 1 Johannes Calvin, Institutio Christianae Religionis (3:21:5)
- 2 Es geht um die Auswahl von Menschen, die eine bestimmte Aufgabe erfüllen, ein bestimmtes Amt verwalten sollen. Wo immer die in verschiedenem Zusammenhang verwendete Wortgruppe auftaucht, liegen offenbar doch einige gemeinsame Voraussetzungen vor: Einmal, dass mehrere Objekte zur Wahl stehen; zum anderen, dass der Wählende nicht schon durch äußere Zwangsumstände festgelegt, sondern in seiner Entscheidung frei ist; und endlich, dass der die Wahl Treffende – zumindest im Augenblick der Wahl – Verfügungsrecht über den bzw. das zu Erwählende besitzt. Darüber hinaus schließt der Wahlakt – und damit die Wortgruppe – ein Urteil des Erwählenden darüber ein, welches Objekt er für am geeignetsten hält, den von ihm erstrebten Zweck zu erfüllen. Nicht entscheidend ist dabei, ob objektive Maßstäbe oder subjektive Erwägungen und Empfindungen den Ausschlag geben. [Lothar Coenen und Klaus Haacker, Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, SCM R. Brockhaus, 2010, Seite 388] Ergänzt vom Übersetzer
